Bürgerverein erhält den Giesberts-Lewin-Preis 2023

Der Bürgerverein Köln-Müngersdorf e.V. (BVM) wurde im Rahmen einer denkwürdigen Preisverleihung für seinen zivilgesellschaftliches Einsatz mit dem Giesberts-Lewin-Preis 2023 der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit ausgezeichnet.

 

Von Nadia Abdallah (Text) und Ute Prang (Fotos)

 

Am 26. September 2023 überreichte Professor Dr. Jürgen Wilhelm, Vorsitzender der Kölnischen Gesellschaft für Jüdisch-Christliche Zusammenarbeit, den Giesberts-Lewin-Preis an Hildegard Jahn-Schnelle und Anton Bausinger. Ehrenvorsitzende Jahn-Schnelle und Vorstandsmitglied Bausinger zählen neben weiteren BVM-Mitgliedern zu den Hauptinitiatoren des Gedenkorts in Müngersdorf. 

Der Giesberts-Lewin-Preis ist ein Ehrenpreis, den die Kölnische Gesellschaft jährlich zum Andenken an Johannes Giesberts und Dr. Shaul Lewin stiften, die als Schuldezernenten von Köln und Tel Aviv in den 1950er Jahren den ersten deutsch-israelischen Schüleraustausch organisierten. Mit dem Preis werden Persönlichkeiten und Institutionen gewürdigt für entschiedenes Eintreten gegen rassistische und antisemitische Tendenzen und für Toleranz und Völkerverständigung.

In seiner Laudatio lobte Professor Wilhelm das langjährige ehrenamtliche Engagement des Bürgervereins, das über den Stadtteil Müngersdorf hinaus Vorbildcharakter habe, und das er als „Erinnerungskultur von unten“ bezeichnet. „Es ist allein und ausschließlich dem Bürgerverein Köln-Müngersdorf zu verdanken, der sich in ausdauernder Arbeit für einen würdigen Gedenkort am ehemaligen Deportationslager einsetzte und diesen schließlich auch realisieren konnte.“ Oft blieben die Opfer gesichtslos, …an die in allgemeiner Form und deshalb nur mit wenig Empathie erinnert werde, so der Leiter der Kölnischen Gesellschaft. „Umso wichtiger sind Erinnerungsformen, die den Opfern ihre Namen und Geschichten zurückgeben und die Geschichte vor Ort konkret aufarbeiten. Und genau dies leistet der Bürgerverein Köln-Müngersdorf.“

(v.l.) Anton Bausinger, Marliese Berthmann, Roland Schüler, Norbert Mimberg, Hildegard Jahn-Schnelle, Henning Werker, Kurt Schlechtriemen

 

So war es von besonderer Bedeutung, dass auch die beiden Überlebenden Fritz Remmel und Hans Schiefbahn der Veranstaltung im Pfarrsaal von St. Vitalis beiwohnten. Fritz Remmel und Hans Schiefbahn waren beide als Kinder im Jahr 1944 im Müngersdorfer Deportationslager interniert worden. Ihre Lebensgeschichten hat BVM-Mitglied Kurt Schlechtriemen in der Broschüre „Laut über das Unmenschliche reden“ zusammengetragen. Auch das Verdienst von Schlechtriemen, der insgesamt drei Publikationen über das Deportationslager verfasst und sich jahrelang den Einzelschicksalen der NS-Opfer in Müngersdorf auseinandergesetzt hat, hob Laudator Jürgen Wilhelm besonders hervor. 

Mehr als 80 Interessierte wohnten der denkwürdigen Preisverleihung im Pfarrsaal von St. Vitalis in Müngersdorf bei.

 

Mit Besorgnis blickt Wilhelm auf das aktuelle Erstarken rechtspopulistischer Parteien und appelliert gleichzeitig daran, wie wichtig Zivilcourage ist: „Persönliches und andauerndes Engagement erfordert Mut, Zeit und Kraft…jedoch ebenso die Fähigkeit, sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen und angesichts bestimmter politischer Entwicklungen – die AfD stand zuletzt in Umfragen in einigen Bundesländern bei 30 Prozent– nicht zu verzweifeln.“

Ehrenvorsitzende Hildegard Jahn-Schnelle in ihrer Dankesrede im Namen des BVM: „Wir freuen uns sehr über diese Anerkennung für unseren Beitrag zur Erinnerungskultur und danken der Kölnischen Gesellschaft dafür von ganzem Herzen. Aber es macht uns auch nachdenklich, dass wir für ein Bemühen eine besondere Auszeichnung erhalten, das wir als selbstverständliche Aufgabe und Verpflichtung für uns als Müngersdorfer gesehen haben. Denn die unvorstellbaren Verbrechen der Nationalsozialisten haben hier bei uns unmittelbar vor unserer Haustüre stattgefunden und gehören seither untrennbar zur Geschichte unseres Stadtteils. Jahn-Schnelle bedankte sich bei “den zahlreichen Menschen“, die bei der Realisierung des Gedenkorts Deportationslager Müngersdorf mitgewirkt haben. Sie wieß gleichzeitig darauf hin, dass die Fertigstellung des Gedenkorts im Grüngürtel mit vielen bürokratischen, baurechtlichen und politischen Hürden verbunden war – ebenso mit Kritik aus den eigenen Reihen.

Abschließend betonte Jahn-Schnelle: „Rassismus, Antisemitismus und jegliche Form von Diskriminierung, von Hass und Hetze dürfen in unserem Land keinen Platz haben. Wir hoffen sehr, dass der Gedenkort den kritischen Dialog fördert und vor allem auch bei jungen Menschen das Bewusstsein stärkt für die Werte unserer Gesellschaft, für Freiheit und Solidarität, für ein friedliches Miteinander unabhängig von Farbe, Herkunft und Religion.“


Unter den gut 80 Gästen befanden sich neben Sänger Rolly Brings auch die Kölner Ratsmitglieder Katja Hoyer (FDP), Christian Joisten (SPD) und Bernd Petelkau (CDU) sowie Roland Schüler, stellv. Fraktionsvorsitzender in der Bezirksvertretung Köln-Lindenthal (Die Grünen).

 

Aktualisiert 1.10.23

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